Montag, 3. August 2009

Le belle Dolomiti

Im südlichen Teil der Dolomiten, genauer gesagt in der Civetta, steht ein einzigartiger, mächtiger Felsturm, getauft auf den klingenden Namen „Torre Trieste“. Schon vom Parkplatz bei der Capanna Trieste sticht die Südostkante ins Auge, und genau diese wurde bereits 1935 durch Riccardo Cassin und Vittorio Ratti erstbegangen. Wenn man an die damilige Ausrüstung denkt, so ist es für uns fast unvorstellbar, sich in dieses steile und ewig lange Gemäuer zu wagen.

Vergangenes Wochenende war es das Ziel von Hias und Hechei, dem Torre Trieste über die besagte „Cassin“ auf das Haupt zu steigen. Das Ganze begann, wie üblich, mit einer nächtlichen (Irr)fahrt durch die Dolomiten, beim Parkplatz angekommen, waren wir gerade noch in der Lage, unsere Matten und Schlafsäcke auf eine frisch gemähte Wiese auszubreiten und unsere müden Körper in diese luxuriöse Schlafstätte zu bewegen – dann war’s aus. Auf Grund des beruhigenden Duftes des um uns herumliegenden Heus oder etwa doch wegen Müdigkeit bzw. Übelkeit, hervorgerufen durch rasante Autofahrt auf kurvigen Passstraßen, fielen wir sofort ins Reich der Träume.

Nach einer kurzen, aber sehr geruhsamen Nacht, versüßt durch ausgiebige Kuscheleinheiten mit den ebenfalls hier seßhaften Ameisen, startete die Frühstücksprozedur, und um 5 Uhr gings dann los. Zwei Stunden später, nachdem wir, am Ende schon leicht gereizt, mehrere kleine Bächlein mit unseren 4 Litern Wasser in den Rucksäcken passierten und die obligaten Morgenbedürfnisse verrichtet hatten, standen wir beim Einstieg. „Do sein die Nägl!“, hallte es von oben herab – 2 Südtiroler kletterten bereits in der Tour – juhu, sogar gleichsprachige Gesellschaft. Gleich am Anfang sind einige schwere Seillängen bis 7+ zu meistern, die Hakenquantität reicht von viel bis gar nichts, die Qualität von neu bis rostig-bröselig. 12 Seillängen später erreichen wir das Band in Wandmitte, und nach einer kurzen Rast in den Latschen machten wir uns an den oberen, lt. einschlägiger Fachliteratur und Expertenmeinung viel schöneren, Teil der Route. Dem können wir nur zustimmen, eine Seillänge übertrumpft die andere, anhaltende Schwierigkeiten bis 7- und zunehmende Ausgesetztheit lassen unsere Kletterherzen überschäumen, aber irgendwie scheint kein Ende in Sicht zu sein. Um 15 Uhr erreichen wir schlussendlich das Haupt des Torre Trieste, und wie solls auch anders sein – wir stecken voll im Nebel, also nix mit Panorama und so…

Unseren mitgebrachten Proviant konnten wir gar nicht so richtig genießen, schmeckt alles etwas trocken ohne Wasser. Auf Grund der fehlenden Sicht und des fehlenden Wassers beschlossen wir schon nach wenigen Minuten den Abstieg anzugehen, welcher, glaubt man zumindest der einschlägigen Fachliteratur und Expertenmeinung, einer der rassigsten der Dolomiten sein soll. Dies können wir nun gar nicht bestätigen, meistens kann man abseilen, richtig schwierige Abkletterstellen „a la Dolomiti“ finden wir nicht. Beim Zeitaufwand hat die einschlägige Fachliteratur und Expertenmeinung jedoch wieder Recht – erst 3 Stunden später stehen wir wieder am Einstieg, wo das heiß ersehnte Wasser wartete. Rückblickend gesehen sicher eine der lohnendsten Dolomitentouren, in Anbetracht der anhaltenden Schwierigkeiten und der Länge der Tour (22 Seillängen) sowie des Abstiegs eine tagesfüllende, nicht zu unterschätzende Beschäftigung.

Für den Abend war das Kennlernen des Nachtlebens in Alleghe vorgesehen, dies beschränkte sich jedoch auf eine Pizzeria, aus welchen Gründen auch immer wollten wir eher in die Schlafsäcke als in die leeren Bars. Nach einer wiederum geruhsamen Nacht (diemal ohne Kuscheleinheiten mit Ameisen – wir verlagerten das Schlafgemach auf den Hubschrauberlandeplatz) beschlossen wir spontan, die Heimreise anzutreten und dabei einen Abstecher auf dem Sellajoch zu machen, was sich im Nachhinein betrachtet als folgenschwerer Fehler herausstellte. Das dort oben viel los ist, wussten wir ja, aber so viel… Na ja, was solls, so verbrachten wir eben den restlichen Tag mit Edelweißpflücken, Lunzen und beobachten des Herdenverhaltens von gestressten Kletterern in überfüllten Alpintouren.

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