Donnerstag, 8. Januar 2009

Eisklettern KANDERSTEG

Sozusagen als „Jahresausklang“ begaben sich Simon und Hechei vom 27.-30.12.2008 ins Mekka des Eiskletter-Europas, dort wo Eisgeräte und Steigeisen an Bäumen wachsen und unzählige Eisfälle die ankommenden Eispilger in ihren Bann ziehen, wo sich das Leben für kurze Augenblicke auf das Wesentliche konzentriert: EIS!!!

Die Rede ist natürlich von Kandersteg im Berner Oberland / CH. Nach einer langen, aber dank voll intaktem (bis zu diesem Zeitpunkt) Jungmannschafts-Mobil recht angenehmen, Anreise erreichen wir am 27.12. nachmittags dieses wunderbare Fleckchen Erde, und nach erfolgter Eindeckung mit lebensnotwendigen Grundnahrungsmitteln (Wurst, Käse, Speck, Brot, Chips und Bier) und einschlägiger Führerliteratur geht’s auch schon zur Sache! Das Topgebiet Oeschinenwald lockt mit dutzenden Eisfällen und einem sehr kurzen Zustieg. Oben angekommen, verwundert uns erstmal die Anzahl der sich herumtummelnden Eiskletterer, soviele Gestalten mit Steigeisen an den Füßen und Mordwaffen in den Händen auf einem Haufen haben wir noch nie gesehen. Die Wahl des ersten Eisfalls fällt nicht schwer, das „Rattenpissoir“ mit Schwierigkeiten bis WI5+ ladet richtiggehend zum Beklettern ein. Gesagt, getan geht’s froh und munter ans Werk, doch nach der ersten geklettereten Seillänge ergibt sich auch schon die erste Panne: Eine Klinge von Hecheis Eisgeräten (zumindest der vordere, spitze und zum sicheren Klettern sehr vorteilhafte Teil) verabschiedet sich ins Eis, für den ersten Tag ist erst mal aus mit Eis. Dem (Eiskletter)Gott sei Dank gibt’s in Kandersteg ein gut sortiertes Sportgeschäft, welches auch Eispickel verleiht.

Nach einem angenehmen Abend mit Fress-Orgien im Bett in unserer überaus sympatischen Pension (Vater, Mutter, Tochter, alle aus Innsbruck) geht’s tags darauf in aller Herrgottsfrüh wieder rauf in den Oeschinenwald. Temperaturen jenseits der 0°-Grenze lassen unserer Bärte (ja, sogar Simons Bart wird bei solchen Temperaturen sichtbar) einfrieren.

Laut Thermometer des bis dahin noch immer intaktem Jungmannschaftsmobils beläuft sich die Temperatur auf klirrende -19°C. Wenn man jedoch ständig in Bewegung bleibt, ist auch dies zu verkraften. Das Ausziehen der Handschuhe ist auf jeden Fall tunlichst zu vermeiden, da daraus ein sofort auftretender, sehr schmerzhafter Oanegl resultiert. „Aufgewärmt“ wird im Klassiker „Arbonium“, WI 5-, traumhaftes, steiles Eis führt über 2 Seillängen zum oberen Stock, wo wir noch die 2 knackigen Längen von „Pingu“, WI5+ dranhängen. Das Eis ist trotz der tiefen Temperaturen super zu klettern, die Kälte spüren wir mittlerweile gar nicht mehr. 4 klassische Eiskletter-Abseilmanöver später (Staudn-Gmurgs usw.) stehen wir wieder am Einstieg, wir haben noch einige Stunden Tageslicht und beschließen, noch was dranzuhängen. Der imposanten Linie der „Haizähne“, WI 5+/6- kann man nach einmaligen Hinblicken kaum mehr Wiederstehen. Nach einer moderaten ersten Seillänge geht’ richtig zur Sache: 2 lange Seillängen durchwegs im senkrechten Eis kletternd sucht man sich einen Weg durch das „Labyrinth“ der Zapfen (Haizähne), das vor Freude überschäumende Eisklettergemüt denkt gar nicht mehr ans Aufhören. Die einbrechende Dunkelheit bringt uns dann zurück auf den Boden der Tatsachen, jetzt sind wir das Ding zwar astrein raufgeklettert, müssen aber, wie leider immer beim Bergsteigen, wieder runter in die Welt der Horizontale. Dies gestaltet sich im Dunkeln mit nur einer Stirnlampe als gar nicht so einfach, aber schlussendlich erreichen wir wieder unsere Rucksäcke, stopfen die steifgefrorenen Seile und das restliche Glump rein und zischen runter nach Kandersteg, hauen uns in einem heruntergekommmenen Bahnhofsrestaurant die Mägen voll und fahren nichtsahnend Richtung Pension. Plötzlich machts einen Rums und es wird empfindlich kalt im JM-Mobil: Die Fensterscheibe auf der Fahrerseite (Hecheis Seite) hat sich nach unten verabschiedet, ein Herausangeln scheint unmöglich. Unser Vorhaben, am nächsten Tag die berühmte „Crack Baby“, WI 6 an der ebenso berühmten Breitwangflue zu versuchen, bei der ein sehr, sehr früher Start auf Grund der Länge (über 300m) und des Zustiegs (über 2h) sowie der anhaltenden Schwierigkeiten ein absolutes Muss ist, fällt ins Wasser, es gilt stattdessen einen Mechaniker aufzusuchen um den Schaden zu beheben.

Die Reperatur geht zügig von Statten, kostet gar nicht so viele „Fränklis“ wie befürchtet, und um halb 11 sind wir wieder zurück in Kandersteg und stapfen in richtung Staubbachfälle. Eine Stunde später stehen wir am Einstieg von „Blue Magic“, WI 5+, mit 200m auch nicht gerade ein kurzer Eisfall. Auch dieser Fall begeistert mit anhaltender Steilheit und Ausgesetztheit, einem gewaltigen Ausblick und großteils besten Verhältnissen. Einziges Manko: Trotz der tiefen Temperaturen rinnt einiges an Wasser über den Fall herunter, das Nasswerden ist kaum zu verhindern. Wieder einmal erschweren die steifgefrorenen Seile das Abseilen, doch nach so einem „Eiskletterschmaus“ ist man ja bereit, so einiges wegzustecken.

Ein Blick aus der Ferne in Richtung „Crack Baby“ und die vielen Wasserfälle, die noch stark rinnen, begraben den Plan der Begeheung dieses Klassikers fürs Erste. Ein Wasserfall dieser Länge und schon in der ersten Seillänge klitschnass werden, das ist wohl keine gute Kombination. Die letzte Tour des Trips wird der „Almenalpfall“, WI 4, 280m die Beschreibung im Führer „…der obere Teil liegt ab dem späten Vormittag in der Sonne.“ lässt uns wohlig warm ums Herz werden. Eine bereits ober uns kletternde Seilschaft beschert Simon eine rassige Mixed-Einstiegsvariante, oben geht’s dann über mäßig steiles, „genußverdächtiges“ Eis Richtung Ausstieg. Eine nette Abseilfahrt an dünnen Jungfichten, Latschen und Eissanduhren bringt uns wieder zurück zum Auto, und nach 3 ½ grandiosen Klettertagen und vielen genialen Metern im Eis von Kandersteg treten wir die Heimreise an.

Keine Kommentare: